Englische Claims (Teil 1)

Englische Claims (Teil 1)

Wir entwickeln etwa zwei englische Claims im Monat. Und das seit ungefähr 20 Jahren.
 
Macht eine ganze Menge (Spaß)!



Fangen wir mit einem positiven Beispiel an. Schönes Wortspiel (es geht schließlich um Düngemittel) und eine kundenorientierte Aussage

 

Leider versuchen das viele deutsche Unternehmen (oder deren Werbeagenturen) im Alleingang. Und meist kommt Murks dabei raus. Selbst Claims, die einigermaßen grammatikalisch und semantisch stimmig sind, haben oft einen leicht deutschen Akzent. 
 
Oder sie wirken einfach fade.
 

Schauen wir uns ein paar typische Claims an:


Adidas // Impossible is nothing

 
Im Deutschen kann man Sätze sehr flexibel aufbauen – in die eine Richtung oder auch in die andere. Nichts ist unmöglich. Unmöglich ist nichts. Auf Englisch geht das nicht. Wir müssen mit dem Subjekt anfangen (nothing is impossible). Dieser Claim ist also für Native Speakers sehr irritierend (“irritieren” is one of my favourite false friends).

Man versteht ihn gar nicht oder nur halb. Es heißt in etwa “Das Unmögliche ist nichts”. Aber eigentlich ist der Satz schlicht und ergreifend falsch.
 
Auch hier – der Satzbau ist very German. Oder Yoda-Speak. Und die Aussage für Native Speakers nicht wirklich verständlich
 

Allianz // Dare to. We’re with you.


Funktioniert. Allerdings ist hier die übertriebene deutsche Liebe zu “Wir-Sätzen” bei Claims zu spüren.


BASF // We create chemistry


Beiersdorf // We are skin care


Deutsche Börse // We make markets work


Klöckner // We digitalize the steel industry


Rocket Internet // We build companies

Gelegentlich trifft man “Wir”-Claims auch im Englischen an. Aber selten. Aus meiner Sicht zeugt es oft von einer Innensicht, die aus Marketing-Gesichtspunkten nicht zielführend ist. Es sollte um die Kunden und deren Nutzen gehen. Avis sagt zwar “We try harder” – aber die Botschaft ist nach außen gerichtet: Wir geben uns mehr Mühe, und daher kannst du einen besseren Service erwarten.
 
Der Claim von BASF ist zudem arg abgelutscht. Und was ist eigentlich die (positive) Aussage? Wenigstens the RIGHT chemistry oder BETTER chemistry. We are skin care ist ähnlich dünn. We make markets work– waren sie vorher kaputt? Welche markets? Anscheinend ALLE. Nicht nur stock markets.
Brenntag ignoriert die Logik. Man kann nur zwei oder mehrere Sachen miteinander verbinden. Aber das macht ja nichts. Es ist Englisch. Es muss nur gut klingen (für deutsche Ohren).
Klöckner weiß nicht mal, dass es offiziell digitize heißt (auch wenn man die L-Version leider sehr oft sieht, selbst in renommierten englischsprachigen Medien). Und die Zeitform ist falsch oder zumindest unnatürlich. Die angestrebte digitization ist hoffentlich irgendwann abgeschlossen. Also eher: We’re digitizing the steel industry.
 
Rocket – geht, aber auch hier: was ist die konkrete, positive Aussage? Wie wäre es mit We build dynamiccompanies? We build profitable companies? Und companies ist auch etwas langweilig (und immer die erste Wahl bei Deutschen). Businesseswäre besser gewesen – wenn nur wegen der Alliteration. We build better businesses.



An sich ein ganz guter Claim – mit einem klitzekleinen Schönheitsfehler. Es muss zwingend THE power to create heißen.  Und es ist ein wenig unklar, wer hier „creates“. Übrigens: Power auf Deutsch ist nicht dasselbe wie power auf Englisch

 

Auch beliebt ist folgende Konstruktion:


SGL Group // The carbon company

Deutsche EuroShop // The shopping center company

 
Ja, man kann es so machen – aber auch hier fehlt oft eine attraktive (nach außen gerichtete) Aussage. Und man würde nicht unbedingt sofort darauf kommen, dass Deutsche EuroShop in Einkaufszentren investiert (und nicht betreibt oder baut).

Es gibt auch andere sehr ausgetretene Wörter bei deutsch-englischen Claims. Das Wort passion zum Beispiel kann ich nicht mehr sehen.

Rheinmetall // Mobility. Security. Passion.

Rollen wir das von hinten auf. Passion? Bei Autoteilen und Wehrtechnik? Mmmm. Und das ist eigentlich eher defence als security. Auch mobilityist mit Vorsicht zu genießen. Für uns ist das in erster Linie social mobility (sozialer Aufstieg/Abstieg) oder die Überwindung von Behinderungen durch besondere Transportmittel/Gehhilfen. In letzter Zeit hat mobilitydurch Umkehrosmose (Englisch wird durch Deutsch beeinflusst) auch bei uns Einzug im Bereich Auto und Co. erhalten – aber selbst dann geht es um die eigene, individuelle Mobilität nicht die Branche / die gesamte Technik. Oft ist (personal) transportation die bessere, klarere Wortwahl. Und E-Mobilität ist bei uns in der Regel einfach electric cars oder electric vehicles (EVs).



Vorsicht bei „Mobility“

 

Auch völlig ausgeleiert ist life, vor allem for life:
 

Bosch // Invented for life

Merck // Inventing for life

Siemens // Ingenuity for life

Dräger. // Technology for life

XING // For a better working life

Bayer // Science for a better life

 
If I never see “for lifeagain in my life it will be too soon.
 
For life heißt auf Englisch in erster Linie „für immer“ / „auf Lebenszeit“. Die von deutschen Claim-Entwicklern erhoffte zweite Bedeutung „für das Leben“ geht bei uns Natives völlig baden.
 
Die Claims von Bayer und Xing fallen in die Kategorie „man versteht es aber naja“ – und davon gibt es reichlich viele. Es ist auch manchmal sehr schwer zu erklären, warum sie so holprig klingen.
Dräger, das ist dröge
Es gibt aber Gott sei dank auch schöne Life-Beispiele.:
 

Deutsche Telekom  bzw. T-Mobile // Life is for sharing

 
Das ist sehr natürlich. Es fühlt sich Englisch an. Und positiv / emotional.
Und gibt mir die Gelegenheit, das hier wieder zu zeigen:

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

 



Uniper // New perspectives on energy

 
Hier wird im Kopf aus dem Deutschen übersetzt. Bei “Perspektiven” schwingen Zukunftsmusik und Chancen mit – auf Englisch nicht. Auf Englisch sind das nur “Blickwinkel”. Und die Verbindung mit “on” ist ganz merkwürdig. Das erlebt man auch oft – falsche oder unnatürliche Präpositionen. New opportunities in energy wäre wenigstens verständlich.
 
Lost in translation ist auch das hier:


Continental // The Future in Motion

 
Bewegung ist ein tolles Wort – auf Deutsch. Es kann heißen: Menschen bewegen im Sinne von Emotionen erwecken. Auf Englisch auch – aber im Sinne von “rührend”. Und das passt fast nie. “In Bewegung” hat was von positiver Veränderung / Dynamik. Movement oder motioneben NICHT. Der Claim ist also griffig – aber inhaltslos.
 
Mohammed Ali hat sich als poetry in motion beschrieben. Er meinte aber seine Art, um seinen Gegner zu tanzen – nicht seine dichterische Innovationskraft.
 
 
„Die Bank an Ihrer Seite“ suggeriert aktive Unterstützung./Begleitung. „The bank at your side“ leider nicht. Deswegen sagt die Nationwide (eine Bank in Großbritannien) „On your side“
 

RWE // Powering. Reliable. Future.

Erm…. wie passen die drei Wörter zusammen?
Wenn Menschen in einer Fremdsprache einen Claim entwickeln, schmeißen Sie oft einfach vermeintlich gut klingende Wörter zusammen – und scheren sich nicht um die Grammatik (oder Logik). What are you powering? You are powering reliable? Und dann einfach future am Ende aufgefropft. Meint RWE vielleicht Powering a reliable future? Also wirklich RWE – eine kreative Katastrophe.
Auch Fuchs würfelt drei Wörter einfach zusammen. Oder verkauft die Firma Menschen?

 

 
Nach so vielen Negativbeispielen braucht ihr sicherlich etwas Positives. Es hat etwas gedauert, bis ich was fand. Aber die zwei hier sind gut:
 

Wirecard // Reinventing payment

Lufthansa // Nonstop you

 
Das Gerundium ist sehr geschmeidig. Und beim Claim von Lufthansa ist der Kundennutzen klar im Fokus – mit einem netten und ungewöhnlichen Wortspiel dazu. Und auch noch schön kurz und knackig. Chapeau.
 
Da kann ich doch das hier dann auch einbauen (ja, ja ich habe es schon mal gepostet):
 
YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden