Jeden Tag leisten wir erbitterten muttersprachlichen Widerstand an der syntaktischen, orthographischen und stylistischen Front.
Dabei entgegnen uns viele Non-Natives:
„Das ist doch nicht so wichtig. Versteht man doch, oder?“ „Das sagt man/schreibt man so bei uns.“ „Ist halt nur für die Auslandsmärkte. Hauptzielgruppe ist in Deutschland.“ „Wir haben keine Zeit (kein Geld, kein Bock auf) für die Satzkorrektur.“
Hauptproblem dabei ist, finde ich, dass deutschsprachige Auftraggeber einfach wenig Ahnung haben (können), wie das Endergebnis bei dem englischsprachigen Leser (und potenziellem Kunden) ankommt.
Hier eine Anzeige in The Independent, die vielleicht hilfreich sein könnte.
Und? Welchen Eindruck macht das Unternehmen? Was halten Sie von deren Produkten? Und deren Qualitätsanspruch? Tja, Antiwerbung ist nur fulschgeschrobene Werbing. Versteht man doch, oder? Würde ein renommiertes deutsches Unternehmen sowas hierzulande durchgehen lassen? Natürlich nicht. Da würden Köpfe rollen. Aber auf Englisch? Jeden Tag.
Nachtrag (2. Oktober) Ich war heute auf der deutschen Website von Barracuda. Ist nicht schlecht, aber ab und zu taucht was ganz Häßliches auf. Zum Beispiel „Privatsphäre Politik“ (privacy policy). Hmmm. In der Schule nach einer besonders misslungenen Klassenarbeit habe ich den angsteinflößendenen Eintrag im Heft bekommen: See me. Den Hinweis würde ich am Liebsten auf der Barracuda-Internetpräsenz hinterlassen. Entweder ist da eine Übersetzungssoftware am Mach-Werk oder ein Nicht-Muttersprachler mit Wörterbuch und Leo.
Ich habe Barrcuda nun angeschreiben. Bin gespannt. Watch this space.
Bin zwei Kolleginnen, Ulrike Heiß und Laura Russell, für die zwei folgende Links sehr dankbar – es sind Beispiele von schlechtem Englisch, die teilweise zum Kringeln komisch sind:
Ich hab schon mal erwähnt, dass ich ein n-tv junkie bin – also süchtig nach dem Nachrichtensender n-tv.
Und dass ich auch von deren flüssigen Übersetzungen aus dem Englischen angetan bin.
Allerdings: manchmal hapert es an der Genauigkeit.
Doch gerade mitten in der credit crunch werden die Worte der Politiker auf die Goldwaage gelegt.
Beispiel 1:
US Treasury Secretary, Henry Paulson, warned yesterday: „One thing we must recognise – even with the new Treasury authorities – is that some financial institutions will fail.“
Bei n-tv war sich Mr Paulson plötzlich weniger pessimistisch – da sprach er nur noch davon, dass sie Pleite gehen könnten.
Macht ja nix…
Beispiel 2: Diesmal wurde die Vorsicht des isländischen Premierministers weggewischt:
Geir H. Haarde: „We will not be closing banks but it is conceivable that some of them will not be able to function without our authorities intervening“
Bei n-tv war conceivable (also denkbar) plötzlich „offensichtlich“.
Macht ja nix…
Beispiel 3: Ach, ich weiss nicht mehr, wer das war – aber irgend ein hohes Tier sagte im Interview: „I keep getting texts about it“. Texts ist richtiges Englisch für SMS, was (eher) denglisch ist. Das wusste der n-tv Reporter natürlich nicht – und aus den SMS wurden Briefe.
Ja, eine ungewöhnliche Überschrift, gebe ich zu. Aber das gibt die Übersetzung her.
Denn: Es gibt bekanntlich Wörter mit mehreren Bedeutungen – und der Muttersprachler hat im Kopp eine eindeutige „Reihenfolge“ der Assoziationen. Und es gibt natürliche und nicht ganz natürliche Wort-Kombinationen (Kollokationen). Wenn dies beim Übersetzen nicht beachtet wird, so kann es fatal-amüsante Folgen haben.
Ein stopcock ist eindeutig ein Absperrventil.
Cock hat dagegen verschiedene Bedeutungen – aber vor allem eine: Pimmel.
Das Flughäfele Stuttgart ist angeblich international. Und deswegen schwätzt man auf Englisch.
Auf der Website kümmert sich aber keiner um die Qualität der Inhalte:
No responsibility is taken for the correctness of this information.
Schade. Was ich durchaus hätte verstehen können wäre: No responsibility is accepted for the accuracy of information provided on this Website. Oder gar liability. Aber so…
Außerdem ist die Website übersät mit deutschen Textfetzen.
Gut, meine Mutter würde „Schnellbuchung“ vielleicht gerade noch verstehen. Aber bei „Abflug“ wäre sie wohl überfragt. Was der reibungslosen Rückkehr hinderlich sein könnte.