Prokura, Prokurist, ppa
Ungefähr vier Mal im Jahr bekommen wir folgende Frage gestellt: „Wie sagt man Prokurist auf Englisch, denn wir müssen englische Visitenkarten drucken lassen…“
The answer is: Gar nicht.
Es geht um Status!!!
Prokura ist eine besondere Art der Vollmacht – speziell in Unternehmen. Ein Prokurist ist einer, der Prokura hat. Aber der Titel ist gleichzeitig eine Aussage über Status, Entscheidungskompetenz, Position.
Schlägt man in den bilingual dictionaries (die monolingual dictionaries sind oft viel aufschlussreicher) und Leo (igit) nach, so findet man sowas wie „holder of commercial power of attorney“ oder „authorized signatory“. Oh Gott, alles wieder das Ergebnis eines Denkfehlers.
Jaaaaaaaaa. Es sind putzige Umschreibungen, aber sie verfehlen das eigentliche Ziel – einen Titel, mit dem ein Nichtdeutscher was anfangen kann. Wenn einer sagen würde: I am the holder of commercial power of attorney dann wird sich sein English-speaking Gegenüber entweder über die aufgeblasene Formulierung totlachen oder einfach ein lautes „huh?“ von sich geben.
Ja, wie nennen wir den Herrn denn?
Man muss was Neues, Passendes erfinden. Im Prinzip müsste jedes Unternehemn ein englisches Organigramm (orgchart) von unten bis oben durchdefinieren. Üblich dagegen ist ein organisch gewachsenes britisch-amerikanisch-denglisches Durcheinander.
Der Prokurist könnte z.B. ein Executive Vice President, ein Director, oder vielleicht der CFO oder der CIO sein – das muss man im Einzelfall entscheiden.
Ppaaaaaah!!
ppa ist ein extrem interessanter False Friend. Auf Deutsch ist es eine Abkürzung für Prokura. Im Englischen wird es nur dann verwendet, wenn Cheffe einen Brief diktiert hat und die Sekretärin in seinem Namen unterschreiben darf – weil er in der Zwischenzeit auf dem Golfplatz ist.
ppa ist quasi „nach Diktat verreist“, mehr nicht.
In Vollmacht, im Auftrag?
Sowas schreiben wir nicht am Ende eines Briefes. Diese Dinge sind rein Deutsch und unübersetzbar. Weg damit!