Eine wahre Geschichte
Wenn es darum geht, das eigene Unternehmen, die eigene Leistung, das eigene Können, vorzustellen, dann neigen ALLE – auch ich – viel zu viel sagen und schreiben zu wollen.
Keep it short and simple!!!
Eine wesentliche Rolle eines Texters und (Übersetzers, aber das ist weitaus schwieriger) ist daher dem Kunden zu sagen: less is more. Die Nachricht wird nicht immer gern in Empfang genommen. Daher ein weiterer englischer Spruch: don’t shoot the messenger!
Hotel und Häppchen in Hamburg?
Ich wurde vor drei Jahren von einem großen deutschen Technologieunternehmen gebeten, deren allererste englischsprachige Image-Broschüre zu texten. Nur zu, dachte ich, ist ja genau mein Ding (just my cup of tea). Ich sollte aber für drei volle Tage (Hotel wird bezahlt, gutes Essen auch…) nach Hamburg. Wie bitte? Ich bin zwar mehr als froh, wenn der Kunde tatsächlich zu einem persönlichen Briefing bereit ist, aber drei Tage????? Und das mitten in der Hochsaison (bei uns Frühling und Herbst)? Ich habe mich mit dem Kunden auf einen halben Tag geeinigt.
Hail the party pooper!
Als ich (endlich) ankam, traf ich auf etwa 20 fröhlich-positiv gestimmten Menschen um eine Tafel versammelt – worauf ungefähr 40 bis 50 Zettel mit Begriffen wie „Wertschöpfung“ „High-Tech-Expertise“ „Branchenwissen“, „alles aus einer Hand“ standen.
Es war das Ergebnis der „dreitägigen Workshop“, der ich ja nicht beigewohnt hatte (übrigens: ich schätze die internen Kosten der hochkarätigen, hochdotierten Teilnehmer auf locker 70 Mille – schluck).
Ganz ehrlich: mir lief der Schweiß den Nacken runter. Warum? Weil mir klar war, ich muss jetzt die gute Stimmung torpedieren (I was going to have to play party-pooper).
„Wenn ich das alles in die Broschüre aufnehme, werden es ungefähr 30 dicht bedruckte Seiten.“
„Ja? Kein Problem,“ sagte die von Südafrika extra angereiste und extra attraktive Moderatorin.
„Wann hat jemand hier in der Runde das letzte Mal eine 30-seitige Broschüre von vorn bis hinten durchgelesen?“
I’m a copywriter – get me out of here!
Wir haben uns gott sei dank in der Folge auf sechs Seiten mit den wichtigsten Kernaussagen und viel „white space“ geeinigt. Und ich bin lebend rausgekommen.
Aber das Problem ist halt ein Dauerbrenner (it’s a perennial problem). Die meisten Kunden wollen viel zu viel schreiben, und wiederholen und verheddern sich bis zum Umfallen. Dabei ist es besser und billiger, wenn man sich kurz hält und klar ausdrückt. Der Leser ist auch dankbar.
Mit Glück ist der Kunde kooperativ und kritikfähig – aber sehr oft wird der Überbringer der schlechten Nachricht ignoriert oder abgeschossen. Ich sag’s doch: Don’t shoot the messenger.