Pro7 begrapscht Omis und vergewaltigt unsere Sprache

Ich bin von einem Kollegen auf folgendes Beispiel der hohen Kunst des Schuss-nach-Hinten-Denglischen hingewiesen:

Pro7 hat eine neue Sendung gestartet – mit dem Namen League Of Balls.

http://www.spiegel.de/kultur/tv/0,1518,707118,00.html

http://www.prosieben.de/tv/league-of-balls/

Es geht um angebliche Mutproben (ich hoffe, die Macher dieses Machwerks werden für Ideen wie Omis-Begrapschen verhaftet).

Und klar, auf Englisch heißt he’s got balls durchaus „er ist mutig“ („Eier haben“ ist vielleicht aus dem Englischen ins Deutsche gewandert?).

Aber nur in Verbindung mit have oder got.

Balls als alleinstehender Ausdruck heißt so viel wie „Quatsch“ – aber um einiges derber. Wie folgt:

“England are the best soccer team in the world.”
“Balls!” (bollocks oder bullshit wären auch möglich)

Es kann aber auch auf schlechte Qualität hinweisen.

“How was the new Pro7 show?”
“Complete balls!”

Nach league of erwartet man vor allem Personen oder sonstige Teilnehmer (league of gentlemen, league of nations).

League of balls ist also nicht gerade gutes Englisch – aber für uns Muttersprachler geht die Aussage in Richtung „Scheiß-Liga“.

Was ungefähr zur Sendung passt.

Crap-Claim-Collection

Sooooo, wir wären wieder in der Autoindustrie. Denn in keiner anderen Branche gedeihen so viele denglische Sumpfblüten.

Hier zum Beispiel. Da fragt sich der Engländer einfach: Where to?. Es heißt so viel wie: „Wir befördern/transportieren die Automobilwelt.“ Toll, nö?

Über die Tücken von competence habe ich genug geschwafelt. Aber car competence ist besonders krass. Ist ziemlich frei von jeglicher Bedeutung. Selbst auf Deutsch würde man nicht von „Autokompetenz“ reden. Aber Englisch darf jeder germanische Werber so hin- und herbiegen wie er will, bis die arme geschundene Sprache bricht. Und eine Verbindung kann man nur zwischen zwei oder mehr Sachen herstellen – daher connecting people von Nokia, was wohl Pate für diesen Blödsinn stand. Das Ergebnis ist also völlig meschugge. Connecting what to what????

Wie entstehen solche unsinnige Claims? Entweder texten deutsche Werber gleich auf Englisch für deutsche Kunden, die alles dann abnicken, weil sie genauso germanisch denken und empfinden (Ja, ja, car competence ist gut!! Und dann die tolle Alliteration mit connecting! Ja, ja, kennen wir von Nokia!). Oder man erfindet ein werbewirksames Wortspiel auf Deutsch (wir bewegen…) und läßt es irgendwo für 20 EUR wortwörtlich übersetzen – ohne einen Gedanken darüber zu verlieren, dass das play on words ganz schnell lost in translation ist.

Gelegentlich wird zu später Stunde irgendein Muttersprachler im Vorbeigehen zaghaft gefragt, ob man „das so sagen kann?“. Der Befragte ist selten über die Trageweite seiner Antwort bewusst. Und selten ein Texter, der kompetent beraten könnte. Welche Werbeagentur würde ihre deutschen Claims für Großkunden der Autoindustrie vom erstbesten Passanten auf dem Kudamm absegnen lassen? Aber auf Englisch ist es gang und gäbe.

Don’t go with the flow

Soooooo – heute sind wir wieder bei der Autoindustrie, wo man schnell fündig wird. In motion bedeutet durchaus „in Bewegung“ im Sinne von „jetzt bin ich hier, nun bin ich dort“ (Muhammad Ali hat zum Beispiel zurecht von sich behauptet, er wäre poetry in motion).

Aber im Sinne von dynamischer Veränderung? Nein. No way. Darum: the slogan falls a bit flat. Es zündet nicht. Auch der Gedanke: „wir wollen was bewegen“ (wir wollen was erreichen / was verändern) kann man nicht mit move übersetzen.

Die Problematik bei folgendem Claim ist etwas schwerer zu erkären. Get ist ziemlich salopp, und von der Tonalität her nicht für alles passend (wenn Adidas oder Red Bull irgendwas mit get sagen würden, dann ok – aber Conti? Und elastic technology?). Und ich frage mich sofort: get more what? „Mehr bekommen“ ist viel elastischer (if you will forgive the pun). Es ist kein natürliches Englisch, und ich vermisse die Botschaft.
Folgendes Beispiel ist sehr ähnlich. Bei einem verstopften Klo kann mein Klempner vielleicht sagen: we need to get it flowing (again). Aber natürlich klingt es nicht. Und als Claim taugt es nicht viel. Auch hier: Was ist denn überhaupt die Botschaft? Get WHAT flowing? And why?

Wenn flow dann wenigstens sowas wie go with the flow – was ein ganz bekannter und positiv belegter Spruch ist. Die wörtliche (zwangsläufig unappetitliche) Rückübersetzung (mit dem Strom gehen/schwimmen, sich treiben lassen) läßt Germanen viellecht erahnen, wie es uns Angelsachsen bei solchen möchte-gern-aber-knapp-daneben-ist-auch-vorbei Claims ergeht. Wörtlich mag es „richtig“ sein, aber die Bedeutung, die Wirkung, die Assoziationen sind völlig daneben.
In allen drei Fällen hat man das Gefühl, hier wurde nicht auf Englisch gedacht und gedichtet – sondern auf Deutsch gedacht und ins Denglische übersetzt.

Clap Club – ein Verein für Geschlechtskrankheiten?

Ach ja, wieder mal ein Tag mit viel Denglisch im Postfach.

Eine Mind change wollte ein Unternehmen angeblich erreichen: Ich glaube, sie hatten a change in mindset im Sinne. To change your mind ist einfach „sich das anders überlegen“. Und eine mind change klingt nach einem gefährlichen chirurgischen Eingriff.

Das Beste heute war jedoch die Entdeckung folgender Website:

http://www.clap-club.de/

Es geht da um Gerüchte und Klatsch in der Medienbranche – vielleicht hat einer da einfach „Klatsch“ im Wörterbuch nachgeschlagen? Die wollten wohl gossip. Bekommen haben sie eine Geschlechtskrankheit. Denn clap heißt nicht nur mit den Händen klatschen (und nicht Tratsch) sondern auch Tripper – vor allem in der Verbindung mit Club ist das für einen Native Speaker die allererste Assoziation.

Hat für viel Heiterkeit bei uns im Büro gesorgt.

Ich plädiere allerdings für eine mind change bei den vielen deutschen Werbern, die von ihrer Fähigkeit überzeugt sind, Namen und Claims auf Englisch entwickeln zu können.

Man kann sich dabei was Böses fangen.