Warum bekommt man gerade von den großen Büros oft mangelhafte Ware?

Sagen wir mal so: big is not always beautiful.

Armer Andrew
Es gibt Büros, gewiß nicht alle, die arbeiten folgendermaßen: Die Aufträge werden verteilt – an Bob in Atlanta, an Anne in Schottland, an Ranjid in Indien. Es gibt noch Andrew in Stuttgart, einen sehr guten und erfahrenen Übersetzer; aber er ist etwas teuerer – und stellt viele Fragen. Das ist manchmal lästig. Er wird deswegen lieber nicht genommen.

No questions, please
Die beauftragten Übersetzer bekommen vielleicht 50% vom Preis, vielleicht weniger. Will man Geld verdienen, muß man schnell übersetzen. Eine halbe Stunde Recherche für einen Begriff, für den ich 50 Cent bekomme? Mmm, vielleicht nicht. Eine Frage stellen, weil der deutsche Text irgendwie nicht ganz so stimmen kann? Naja, das kostet Zeit, Telefongebühren – und wird nicht belohnt. Im Gegenteil, das Büro reagiert genervt, und möchte den direkten Kontakt mit dem Kunden auf jeden Fall vermeiden.

Wie, überarbeiten???
Den Text mehrmals ausdrucken und überarbeiten, damit er nicht „übersetzt“ klingt – oder gar von einem zweiten Muttersprachler gegenlesen lassen? Das reduziert meinen Stundenlohn um 20, 30 vielleicht 50%. Und keiner dankt mir dafür. Nun landet die Übersetzung wieder beim Büro. Wird der Text geprüft? Vielleicht. Oft nicht. Oder man prüft einfach, ob alles und nicht unbedingt wie alles übersetzt wurde. Genau prüfen und gegebenenfalls überarbeiten? Das kostet wieder Zeit. Damit wäre die Marge dahin.

Angestellte sind teuer
Und jeder Angestellter, der die Texte im Hause überarbeitet, ist teuer – da muß ein PC her, ein Büro, ein deutsches Gehalt, deutsche Lohnnebenkosten… Ach was, der Kunde merkt’s sowieso nicht… und wenn er meckert, dann gehen wir halt 20% runter. Und drücken den Übersetzer um die Hälfte – schau mal her, der Gewinn ist sogar gestiegen. Eine übertriebene Darstellung? Vielleicht.

Ein Link für Branchenkenner

Bin (schon wieder!) Eva Stabenow für folgenden Link sehr dankbar.

Es steckt (leider) sehr viel Wahrheit in dem bissigen (englischsprachigen) Text dieser Website:

http://www.eurozonetranslations.com/

Wahrheit Nr. 1: Die Ausgangstexte, die wir übersetzen sollen, sind oft extrem schlecht geschrieben – und wir machen was Besseres daraus.

Wahrheit Nr. 2: Viele Kunden erwarten, dass Übersetzungen grundsätzlich billig sind – egal wieviel Aufwand damit verbunden ist.

Wahrheit Nr. 3: Viele Kunden wollen selbst für sehr wichtige Dokumente oder Werbung nur minimale Summen ausgeben – auch wenn das Ergebnis großen Imageschaden anrichten könnte. Sie geben aber mit Sicherheit ohne mit der Wimper zu zucken im privaten Bereich viel mehr aus (wie oft haben wir Proteststürme bei Summen um die 100 EUR für Werbemailings erlebt).

So, genug moaning and groaning.