Privat ist nicht immer private


Wir hatten heute in einem Vertrag:

„Wird der Einsatzort aus privaten Gründen verlassen, so werden keine Kosten ersetzt.“

Das sind eher personal reasons als private.

Don’t bank on it being private
Privatkunden bei Banken sind retail customers (private banking ist was gaaaaanz anderes).

Banken reden natürlich auch gern von clients – was wiederum bei einem Anwalt ein Mandant wäre – was wiederum bei dem Übersetzer des Romans „The Client“ von John Grisham nicht ankam. Naja, er hats auch nicht besser verdient.

Leihst du mir einen Euro?
Und ich hätte gern ’n Euro für jedes Dokument, in dem Kreditinstitut mit credit institute falsch widergegeben wurde. It’s a bank. Höchstens a financial institution – aber das ist ein sehr flutschiger und ungenauer Gummibegriff. Ein Kredit ist sowieso a loan nicht a credit.

Die Konsumgesellschaft
Bei den Telekommunikationsunternehmen sind die Privatkunden eher residential customers. Bei vielen Firmen sind es schlicht und ergreifend consumers.

Übrigens: Die Deutsche Telekom wird hierzulande gern auf „die Telekom“ abgekürzt. Das (er)kennt hier auch jeder. Nicht so in Wigan, Washington oder Winnipeg.

Firmennamen ohne „THE“ bitte
Jedem Übersetzer, der im Englischen das so abgehackt stehen läßt (sprich: Nicht DEUTSCHE dazu schreibt), gehört die Finger abgehackt. Jedem Übersetzer, der auch noch „the Telekom“ (mit „the„) schreibt, gehört was anderes abgehackt. Es heißt auch Barclays Bank, nicht the Barclays Bank.

Lieber nicht mit n-tv fliegen…

Bin ein n-tv junkie (also: n-tv-süchtig). Und wie schon mal erwähnt, der Sender übernimmt gern englischsprachige Inhalte, bei denen leider einiges dann lost in translation wird.

Vorgestern gab es ein Gespräch mit einem F1-Piloten, der meinte, „It’s a shame.“ Das wurde übersetzt mit „Das ist eine Schande.“ Autsch. Shame in diesem Zusammenhang heißt einfach „Schade“ nicht „Schande.“

Noch gefährlicher war die Übersetzung von tailwind bei einem sonst sehr interessanten Beitrag über Flugzeugabstürze. Nein, lieber n-tv-Journalist, das ist nicht Seitenwind, sondern der Wind von hinten. Kein Wunder, wenn es dann zum Absturz kommt…

Da, da, da

Es gibt viele schlechte Übersetzungen – aber der Konsument ist selten der zahlende Kunde. In jeder anderen Branche führt extrem schlechte Leistung schnell in die Insolvenz (naja, Banken natürlich ausgenommen), aber bei Übersetzungen kann man absoluten Schrott abliefern – und relativ sicher sein, der unzufriedene Konsument meldet sich nicht (in einem Restaurant ist das Feedback dagegen sehr direkt!).

Ab und an begegnen sich jedoch Kunde und Konsument, wie Hillary Clinton zu bestätigen weiß:

http://news.bbc.co.uk/2/hi/europe/7930047.stm

Woran erkennt man einen schlechten Übersetzer?

Es gibt gewisse Hinweise – aber für jede hier zitierte „Regel“ bestehen natürlich auch Ausnahmen.

Bei den folgenden Umständen bekommen wir zumindest ein ungutes Gefühl:

  • Wenn einer behauptet in die Fremdsprache übersetzen zu können, vier verschiedene Sprachen als „Native“ zu sprechen, und 12 verschiedene Fachgebiete zu beherrschen
  • Wenn einer nie Fragen stellt – selbst dann, wenn der Kunde und das Thema völlig neu sind, und der Text an manchen Stellen recht vage ist
  • Wenn einer sofort nach der Uni angefangen hat, als Freiberufler zu arbeiten, nun alleine werkelt, und der Meinung ist, er hätte alles im Rahmen seines Diploms gelernt, was man wissen muss
  • Wenn einer meint, es wäre alles „ganz einfach“ und er hätte alles „problemlos“ übersetzen können
  • Wenn einer einen Begriff einfach aus einem Wörterbuch nimmt (und nicht zum Beispiel im Internet überprüft)
  • Wenn einer sich Kritik oder Gegenvorschläge nicht anhören will oder seine Behauptungen nicht belegen kann
  • Wenn einer kein richtiger Sprachler ist (Sprachstudium?) und sich auch nicht besonders für das Sprachliche interessiert
  • Wenn einer das Übersetzen nur nebenbei macht und vor allem als „zusätzliche Geldquelle“ ansieht
  • Wenn einer die Grundbegriffe der Wirtschaft und des von ihm gewählten Fachgebiets nicht beherrscht
  • Wenn die Texte (Satzstrukturen und Vokabeln) sehr eng am Ausgangstext kleben

Grundsätzlich immer, aber manchmal wieder nicht

Ihr Germans macht uns das Leben nicht leicht. Aber manche Übersetzer denken auch nicht groß nach.

Nehmen wir das Wort „grundsätzlich“. Was das Wort bedeutet, und wie man das übersetzt, hängt grundsätzlich vom Zusammenhang ab.

Zum Beispiel:

Diebstahl wird grundsätzlich zur Anzeige gebracht

ist ganz anders als

Grundsätzlich sind wir über die Notwendigkeit einer Kapitalerhöhung einig, offen sind aber noch viele Details.

Leider wird das Wort fast immer mit „In principle“ übersetzt. Was im ersten Fall recht irreführend wäre. Besser wäre „always“ oder „without fail„.

Leo ist natürlich in dieser Hinsicht nicht besonders hilfreich.