FALSE FRIENDS, GOOD AND BAD TRANSLATION

Kein Klempner muss das aushalten!!!!

25.09.2009 | 11 Kommentare

Stellen Sie sich folgendes vor: Ein Klempner wird Freitag Nachmittag (spät!) angerufen – es ist ein Notfall.

Naja, ich wollte das Liverpool-Spiel eh nicht gucken

Er soll bitte, bitte, bitte unbedingt am Wochenende ein Klo reparieren und eine Dusche installieren. Und alles muss bis Montag 12 Uhr fertig sein. Der Klempner macht es. Er macht es sogar richtig gut, obwohl das vom Kunden gelieferte Material nicht gerade ideal war. Und er merkt einige Ungereimtheiten bei der vorhandenen Installation – und erspart dem Kunden damit Ärger und Geld. Sonntag abend geht er müde aber zufrieden nach Hause – und versucht seine inzwischen etwas angefressene Freundin milde zu stimmen.

I hate Mondays
Montag früh kommt er frohen Mutes wieder, um dem Ganzen den letzten Schliff zu geben. Und was findet er vor: Der Kunde hat in der Nacht selber Hand angelegt. Denn er hat auch schon mal in der Volkshochschule einen Du-It-Jursälv-Kurs gemacht.

Erm, warum ist es so nass?
Jetzt stimmen die Anschlüsse nicht. Es steht alles schief. Am Boden sammelt sich Wasser. Und der Klempner ist nicht mal sicher, ob das Ganze nicht zusammenkracht und, wo er überhaupt das Leck suchen soll. Und in einer Ecke sitzt irgendwas ganz Komisches, was tickt. Es war ja vorher nicht da. Er kann es nicht entschärfen, bis der Kunde ihm sagt, was das ist. Aber bis 12 soll trotzdem das Ganze fertig werden. Und gut aussehen.

Erm, warum passiert uns das immer wieder?

Wie oft muss das ein Klempner erleben? Und was würde er in so einem Fall dem Kunden blasen (bzw in Rechnung stellen?). Leute, als Übersetzer erleben wir das linguistische Pendant immer wieder. Aber diese Woche war es besonders krass.

Im obigen Fall war der Kunde wenigstens einsichtig. Obwohl er in einigen Fällen auf Formulierungen bestand, die FALSCH sind (wie oft haben wir die Vergewaltigung unserer Sprache hinehmen müssen, weil es „bei uns so heißt“.)

Der zweite Fall war viel frustrierender. Es war die klassische Dreiecksbeziehung – Kunde, Werbeagentur und wir. Da sind Probleme echt vorprogrammiert (nein, ich sage nicht „programmiert“, das finde ich doof.). It was an accident waiting to happen.

Wir dürfen bei Fragen den Kunden nicht direkt kontaktieren. Na toll. Auch das muss kein Klempner aushalten. (Dialog nach dem Motto: Will der Kunde moderne oder klassische Armaturen? Agentur: Kunde sagt, er will es in blau).

Erm, where should I begin?
Aber der Kunde überprüft unsere Texte auf Richtigkeit. Ist auch gut so. Nur: Er glaubt offensichtlich unser Englisch verbessern zu können. Und nimmt Änderungen vor. Ohne uns das zu sagen. Also müssen wir jeden Text, der von der Agentur zurückgeschickt wird, überprüfen. Und was finden wir?


Es tut in där Säle wä
Aus we advise wird plötzlich we advice. Autsch.

Aus to answer this question wird to answer to this question. Autsch.

Und so weiter. Autsch, autsch, autsch.

Der Aufwand, der durch diese Verschlimmbesserungen (tolles, unübersetzbares Wort!) verursacht wird, ist ENORM.

Kein Klempner muss das aushalten. Aber wir.

Und wenn es passiert, würde der Klempner zu recht deutliche Worte finden – und eine ebenso deutliche Rechnung schreiben. Aber bei Englisch/Übersetzung – da denkt jeder, er kann es, er darf es. Und wir sollen gefälligst nicht meckern.

Wir baten die Agentur, dem Kunden zu sagen, er möge das bitte nicht tun – und deuten an, wir werden den Mehraufwand in Rechnung stellen.

Die Reaktion? Empörung. Wir haben als „Lieferant“ das hinzunehmen. Wir sollen die Fehler feststellen, beschreiben und die Korrektur erstmal kalkulieren. So, so – also sollen wir die ganzen Fehler erst mal stehen lassen, sie aber beschreiben und das Rückgängigmachen (bzw. die Entschärfung der neu hinzugekommenen Bomben) kalkulieren? Und das alles umsonst? In mehrfacher Hinsicht. Offensichlich findet uns die Agentur „schwierig“ und schreibt uns inzwischen recht zickige (auch ein tolles, unübersetzbares Wort!) Emails.

Ich will Klempner werden!!!!!!!!!!!!!!!

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11 Kommentare

  1. bonnjill

    Gut gebrüllt, Lowe! This needs to be shared with non-German readers as well.

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  2. Librarian

    Ähm… wenn der Kunde das so viel besser kann, warum macht er dann nicht gleich das ganze Ding selbst…?

    Und ja, Handwerk hat goldenen Boden 🙂

    Übrigens habe ich die Blogeinträge vermisst – welcome back!

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  3. Anonym

    Very good post 🙂 I had a similar experience (once again) earlier this week, when the client told the agency that my translation was "full of faults" (their words). I then had to spend 45 minutes (unpaid) comparing my translation with their version, only to find out that out of the 14 or so changes they'd made, only one was a real error on my part (a word I'd accidentally left out). The other 'faults'? Sentences that the client decided to leave out of or add to the translation and changes that caused grammar/spelling errors. True Verschlimmbesserungen (love the word)… I haven't heard back from the agency yet after they'd passed on my comments to their client. Wonder what that means…

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  4. MCSquared

    Ms Translation Musings – go for it. I am a regular reader and fan of your blog.

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  5. Tom Ellett

    Great post! How about "incorrections" as a translation of "Verschlimmbesserungen"?

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  6. Craig Morris

    Guter Vergleich, denn du kriegst keinen Klemper am Wochenende.

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  7. Sally Loren

    Ich übersetze regelmäßig Presseerklärungen/-infos für eine Kosmetikfirma in der Schweiz. Keine pofelige Firma, die in einer 80 qm kleinen Hütte Kosmetika aus selbst angebauten Kräutern macht, sondern eine Firma, die schon bekannt ist. Heute bekam ich die "Korrekturen" vom Kunden wieder. Abgesehen von "luminious" (ein "i" zu viel) hatten wir eine neue Überschrift. Auf Deutsch: Ein meisterhaftes Geschenk – englische Überschrift "A masterful gift". Oh dear. Man braucht nur die Bedeutung von "materful" in Merriam Webster's nachzuschlagen, um zu erfahren, dass es hier nicht passt…

    In solchen Fällen sagt meine Freundin Monika, die jahrzentelange Erfahrungen mit solchen Kunden hat, "Dann haben sie es nicht anders verdient". Dieses sag ich mir häufig – beinahe mantra-artig – und es hilft! Besonders wenn die Woche erst angefangen hat…

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  8. A

    As the Poles say, why keep a dog and bark yourself?

    Keep barking. Though some clients are so cock-sure of themselves, they'll still not hear you!

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  9. moneyforoldwords

    Love it, Martin! Ever thought of being the first transcreation agency that insists on a direct contact with the end-user? Go on, you can do it!

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  10. Sally Loren

    Willkommen zurück! Viele von uns habe den Blog in letzter Zeit vermisst 🙁

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